Dienstag, 15. November 2022

Obdachlosigkeit in Hamburg - Quo vadis?

 Ausgewählte Schlagzeilen

12.03.2000, Der Spiegel
Physischer Schmerz bei Geigenklängen (1)

03.09.2012, taz
Obdachlose am Hauptbahnhof: Das ungeliebte Problem (2)

23.01.2013, Frankfurter Rundschau 
Kaltherziges Hamburg (3)

03.02.2013, Spiegel TV
Zutritt verboten! Hamburg vertreibt seine Obdachlosen (4)

12.06.2014, Der Spiegel
Obdachlose in Deutschland: Verdrängung mit Wasserdüsen (5)

22.09.2016, Die Zeit
Hamburger Hauptbahnhof - Ganz unten (6, Abo-Artikel)

23.10.2016, Die Welt
Obdachlosigkeit: Endstation am Hamburger Hauptbahnhof (7)

15.11.2016, FAZ
Klassische Musik gegen Drogenkonsum - Hamburg (8)

10.04.2017, Hamburger Abendblatt
Obdachlose: Weckdienst in der City ist erfolgreich (9)

31.03.2019, Die Zeit
Hamburger Hauptbahnhof: Die Armut auf der Straße wird immer sichtbarer (10)

26.09.2022, Hamburger Abendblatt
Hamburg: Obdachlose in der City - Tourismusverband fordert Lösung (11)

29.10.2022, Hamburger Abendblatt
Hauptbahnhof am Kipppunkt: Das neue Drogen- und Obdachlosenelend

Quo vadis?

Die Versuche, Menschen ohne Obdach aus Innenstädten zu vertreiben, zu stigmatisieren, aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit und dem öffentlichen Raum zu drängen gehen sehr viel weiter zurück als bis in das Jahr 2000 und finden selbstverständlich auch nicht nur in Hamburg statt. Hamburg hat sich aber unlängst den unerquicklichen Titel "Hauptstadt der Obdachlosen" eingehandelt.

Die Verelendung der Menschen auf der Straße, das ist - einem Mantra gleich - in den vergangenen Jahren immer und immer wieder zu hören, zu lesen, wahrzunehmen - nehme stetig zu.

Die Forderung des Tourismusverbandes nebst Geschäftsleuten in Hamburg, eine Lösung für das Problem zu finden ist in abgewandelter Form ebenso alt wie mancher Hut. Nun sprechen wir hier von Menschen, die kein Zuhause haben und ihr Dasein aus den unterschiedlichsten Gründen auf der Straße fristen. Menschen also, nicht Probleme. Das Problem sind die Strukturen, ist das System, an dem Hamburg in einer Art absurd anmutender Sturheit festhält:

Groß- und Massenunterkünfte statt dezentraler (Einzel)Unterbringung. Verstetigung eines unzureichenden Hilfesystems, das an vielen Stellen am Bedarf der Menschen vorbei zu helfen versucht. Der geradezu ungesunde Rückgriff auf die Angebote freiwillig Engagierter. Ein Senat, eine Sozialbehörde, der bzw. die sich seit Jahren und Jahrzehnten aus der Verantwortung schleichen, müssen sich längst fragen lassen: Quo vadis?

In Hamburg soll nun Raum für eine neue Tagesaufenhaltsstätte gefunden werden. Das Sicherheitsgefühl der Menschen (mit Wohnung und sog. bürgerlichen Leben) wird diskutiert. Gab es alles schon einmal, kommt alles wieder - wie die Schulterpolster aus den 80er Jahren. Ob das gut ist? 

Dabei helfen, Obdachlosigkeit bis 2030 zu überwinden oder gar abzuschaffen, werden die neuen alten Maßnahmen, welche die Diskussion bestimmen nicht helfen. 

Natürlich gilt es Interessen abzuwägen. Allein, es will scheinen, als würden Menschen, die im Leben irgendwann aus den unterschiedlichsten Gründen auf die falsche Abzweigung geraten sind, zum Problem gemacht, anstatt, dass im Sinne ernsthaften gesellschaftlichen Zusammenhalts, Teilhabe und eines menschlichen wie lösungsorientierten Ansatzes das System bei der Wurzel gepackt wird. 

Übrigens: das Land Baden-Württemberg schrieb einen Förderaufruf (13) für Kommunen für den Winter 2022/2023 aus:

Soforthilfe für die Unterbringung von Obdachlosen im Herbst/Winter 2022/2023 

"Ziele der finanziellen Unterstützung sind

  • die Entzerrung der Mehrfachbelegungen in Notunterkünften zur Eindämmung der Corona-Pandemie und
  • die befristete Erhöhung der räumlichen Kapazität durch die Neuschaffung von Notunterkünften für Obdachlose zur Bewältigung von Wohnungsverlusten in Folge der anhaltenden Teuerung."
Gesamtsumme der bereit gestellten Mittel immerhin EUR 280.000,00.

Also, Hamburg - quo vadis? Und zwar nicht nur in diesem Herbst/Winter 2022/2023, sondern langfristig in der Zukunft.


(1) https://www.spiegel.de/panorama/physischer-schmerz-bei-geigenklaengen-a-4be46101-0002-0001-0000-000015930914
(2) https://taz.de/Obdachlose-am-Hauptbahnhof/!5084878/
(3) https://www.fr.de/panorama/kaltherziges-hamburg-11264072.html
(4) https://www.youtube.com/watch?v=4rDNQSgP88E
(5) https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/obdachlose-in-deutschland-verdraengung-mit-wasserduesen-a-974491.html
(6) https://www.zeit.de/2016/40/hamburg-hauptbahnhof-armut-elend-ungleichheit
(7) https://www.welt.de/regionales/hamburg/article158980252/Endstation-Elend-am-Hamburger-Hauptbahnhof.html
(8) https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/frankfurt/klassische-musik-gegen-drogenkonsum-14522565.html
(9) https://www.abendblatt.de/nachrichten/article210212633/Weckdienst-fuer-Obdachlose-entspannt-die-Lage-in-der-City.html

(10) https://www.zeit.de/hamburg/2019-03/hinz-und-kunzt-strassenmagazin-verkauefer-hauptbahnhof-hamburg
(11) 
https://www.abendblatt.de/hamburg/article236520943/obdachlose-in-der-city-tourismusverband-fordert-loesung-hamburg-stadt.html
(12) https://www.abendblatt.de/hamburg/article236781527/hamburg-hauptbahnhof-drogen-obdachlose-polizei.html
(13) https://sozialministerium.baden-wuerttemberg.de/de/service/foerderaufrufe#c142903