Freitag, 9. September 2016

OSZE / G20 / Hamburg

Man gab sich Mühe. Redlich. Erstellte ein Präsentation, die hier eingesehen werden kann und verteilte Kugelschreiber mit dem Wappen der Stadt auf den Stühlen. Man stand zu fünft auf einer Bühne. Lächelnd. Erklärend. Belehrend. Sah sich einem Publikum gegenüber, das sich verhielt wie eine Schulklasse.
In den vorderen bis mittleren Reihen aufmerksames Zuhören, hin und wieder nervöses Flüstern, leise Kommentare. In den hinteren Reihen die Störenfriede und Klassenkasper. Weggelächelt wurden sie und darauf hingewiesen, dass man so erzogen sei, einander ausreden zu lassen. Der erhobene Zeigefinger verstand sich bestens mit der Arroganz.
Davon abgesehen?
Im Dezember zum OSZE erwartet die Stadt 57 Minister.
Das normale Leben im Karolinenviertel soll seinen normalen Gang gehen dürfen. Allerdings behält man sich etwas vor. Weitere Maßnahmen nämlich. Proteste dürfen sein. Doch. Wirklich. Nur nicht so laut.
Von Gefahrengebieten und deren Einrichtung - keine Rede. Nein, nein. Zwei Sicherheitszonen um die Messe. Ein paar Hamburger Gitter. Die schönen, in rot-weiß. 6.000 Polizisten. Ungefähr. Kein Grund zur Sorge. Und wer sich doch welche mache, könne das Bürgertelefon anrufen. Montag bis Freitag von 0800 bis 1600. Ist das nicht nett.
Ach? Die U-Bahnstation Rathausmarkt wird zeitweise gesperrt werden. Davon war im Laufe des Informationsabends nicht die Rede.
Ebenso wenig wie auf G20 im Juli 2017 eingegangen wurde. Vages Schulter zucken. Man könne noch nichts dazu sagen. Nichts verbindliches. Man wisse noch nicht, wie viele und wer käme. 10.000 Polizisten vielleicht. Eventuell eine Erweiterung der Sicherheitszone. Wer protestieren wolle, könne das tun. Nur nicht so laut. Am besten im Rahmen von C20. Da würden die Sorgen und Bedenken auch an die Kanzlerin herangetragen.
Ausweiskontrollen könnten schon sein. Taschendurchsuchungen wären möglich. Und die Polizisten freundlich. Man sei Einsätze bei Großveranstaltungen gewöhnt. Critical Mass, Triathlon, Alstervergnügen. Da werde man mit ein bisschen OSZE und G20 doch wohl fertig werden.
Die Presse habe sich vertan. Selbstverständlich könnten Kindergeburtstage gefeiert werden.
Das normale Leben im Viertel solle seinen normalen Gang gehen. Immer unter Vorbehalt. Der weiteren Maßnahmen wegen. In den Sicherheitszonen werde nach SOG (Hamburger Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung)gehandelt.

Im Anschluss an das Vortragsende, Fragestunde. Die Antworten ausweichend. Man möge sich nicht festnageln lassen. Lächeln. Winken. Schulter zucken. Geübte Chorografie.

Fazit?
Unerfreulich.
Die Fragestellung, ob das OSZE und / oder der G20 überhaupt Notwendigkeit wie Existenzberechtigung haben außen vor gelassen - denn, das war zu lernen an diesem bürgernahen Informationsabend, diese Frage sei nicht zu diskutieren, die Veranstaltungen fänden statt, das sei gesetzt - bleibt ein bitterer Geschmack zurück und das Ansinnen, die Veranstaltungen inmitten der Stadt stattfinden zu lassen ein fahrlässiges.
Die Beeinträchtigungen sollen sich lediglich über die zwei Tage der jeweiligen Zusammenkünfte plus 2 Tage Auf- und Abrüsten erstrecken.
Es ist kaum vorstellbar, dass der Senat und die Polizei ernstlich davon ausgehen, das Leben im Karolinenviertel sowie den angrenzenden Quartieren werde nicht beeinträchtigt.
Selbstverständlich werden nicht nur internationale Regierungsvertreter ihren Weg nach Hamburg finden, sondern auch Demonstranten aus aller Herren Länder.
Und wie die Hamburger Polizei mit Großdemonstrationen, mit denen gerechnet werden muss, umgeht, ist spätestens seit Dezember 2013 hinlänglich bekannt.
Gemessen daran, dass für die G7 oder G8-Gipfel empfohlen wurde, diese in weniger dicht besiedelter Umgebung stattfinden zu lassen, erscheint ein G20-Gipfel mitten in eng bebauten Wohngebieten nahezu wahnsinnig.
Da hilft es auch nichts, dass die Verteidiger der Veranstaltungen sich darauf berufen, man könne noch nicht auf Erfahrungswerte zurückgreifen.
Diese Blauäugigkeit und Ignoranz der Damen und Herren des Senats mutet auf eine beunruhigende Weise faszinierend an.
Dass Hamburg zum Veranstaltungsort auserkoren wurde, wertet man in Senatskreisen als Kompliment der Bundesregierung. Es werden Bilder der schönen Hansestadt um die Welt gehen, reibt sich der Tourismusverband die Hände.
Ja, Hamburg wird im zentralen Fokus der Weltöffentlichkeit und des Interesses stehen.
Allein, die Bilder werden kaum den Tourismus oder das positive Bild der Stadt an der Elbe stärken.
Im Gegenteil wird willentlich und wissentlich Schaden in Kauf genommen. Schön geredet zwar. Aber dennoch Schaden. Das ist und bleibt wenigstens fahrlässig bis hin zu verantwortungslos den Einwohnern aller Couleur einer Millionenstadt gegenüber.

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